Chemische Fabrik G.Ottmann & Cie

Georg Ottmann Geboren 11.03.1855 in Winnweiler.  Gestorben 24.02.1902 in San Remo.

In Hochspeyer am 02.03.1902 beerdigt.

 

Chemische Fabrik OTTMANN

 

Im Jahre 1880 wurde die Chemische Fabrik Hochspeyer G.Ottmann & Cie gegründet. Gründer war der von Winnweiler stammende 24 jährige Kaufmann Georg Ottmann. Dem mit zäher Energie, ausdauerndem Fleiß und seltenem Weitblick begabten Unternehmer ist der rasche Aufstieg eines Betriebes zu danken, der sich internationale Geltung verschaffte. Diese beispiellose Entwicklung zeigt sich an der weiteren Gründung von Zweigniederlassungen in Biebrich a/Rhein, Srodula (russ. Polen) und Bodenfelde a.d.Weser.

Letzteres Werk fand Erwähnung in dem Buch „Volk ohne Raum“ von Hans Grimm. -

In früheren Jahren wurde das im ausgedehnten Pfälzerwald in großen Mengen vorkommende Laub – hauptsächlich Buchenholz in Meilern unter Luftabschluß verkohlt. Bei diesem ursprünglichen Verfahren wurde nur die Holzkohle gewonnen, die in verschiedenen Industrien (Metall - Maschinen – Textilien usw.) Verwendung findet. Die wertvollsten Produkte wie Essigsäure, Methylalkohol, Teeröl usw. gingen dabei aber verloren. Deshalb wurden Versuche unternommen, die Gewinnung der in dem Holz enthaltenen Produkte auf chemischem Wege zu erreichen. Die waldreiche Umgebung war für die Errichtung einer solchen Holzverkohlungsanlage an einem zentral gelegenen Ort wie Hochspeyer ausschlaggebend.

Aus den umliegenden Forstämtern Fischbach, Waldleiningen, Frankenstein, Elmstein, Johanniskreuz, Trippstadt, Kaiserslautern u.a. wurde das Buchenholz beigefahren. Auch außerhalb der Pfalz wurden aus den Waldungen des Saargebietes, Hunsrück, Eifel und dem Taunus große Mengen Holz bezogen.

Die Fuhrleute und Holzspalter hatten dadurch gutbezahlte Beschäftigung und kamen wie auch die vielen von auswärts zugezogenen Arbeitnehmer oft zu Wohlstand und Hausbesitz. –

Der Fabrikationsbetrieb erforderte alljährlich die Bereitstellung des besonders geeigneten Buchenholzes in einer Menge von ungefähr 3500 rm oder Ster. Die ausgedehnten Lagerplätze bei der Fabrik und an auswärtigen Bahnhofsanlagen waren dauernd mit Bergen von aufgestapelten Hölzern belegt, die eine gewisse Zeit dem Lufttrocknungsprozeß vor ihrer Verarbeitung ausgesetzt werden mußten.

Außer Holzkohlen wurden durch eine komplizierte Apparaturanlage noch gewonnen: Essigsäure, Eisessig, und Methylalkohol, hauptsächlich für die bedeutende Anilinfabrik in Ludwigshafen a/Rhein, zwecks Herstellung von Farbstoffen auch für Tuchfabriken, Essigessenz für Speisezwecke, Aceton für rauchloses Pulver, Formaldehyd als Desinfektionsmittel, Essigäther, Lösungsmittel für die Celluloid-u.Lackindustrie, Kreosot und Guayacol für die pharmazeutische Industrie, Holzteer zum Imprägnieren von Holz, um es vor Fäulnis zu schützen, Holzpech und sonstige Erzeugnisse.-

Ende 1910 hat sich die Chemische Fabrik Ottmann wie verschiedene andere Werke in Deutschland dem Konzern der Holzverkohlungs - Industrie Aktiengesellschaft Konstanz in Baden angeschlossen, die in Österreich-Ungarn besonders großen Besitz solcher Anlagen hatte.

Schon während des 1.Weltkrieges wurden wegen Kohlenmangel große Mengen Buchenholz für Hausbrandzwecke verwendet, was häufige Betriebseinstellungen zur Folge hatte. Obwohl die beiden Waldbesitzungen der Firma in Hassel b. St. Ingbert und Schauerberg b. Waldfischbach zum Holzbezug herangezogen wurden, reichten die Mengen nicht aus, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Die Jahre nach dem Kriege wirkten sich hauptsächlich für die im besetzten Grenzgebiet gelegenen Holzverkohlungsbetriebe sehr nachteilig aus.

Ende 1924 mußte das Werk durch die Zentralleitung stillgelegt werden, da auch noch andere wirtschaftliche Verhältnisse die Weiterführung des Betriebes unmöglich machten. Dadurch wurden 250 hiesige und auswärtige Arbeitskräfte beschäftigungslos, außerdem kamen für die Gemeinde Hochspeyer erheblich soziale Zuwendungen der Firma in Wegfall.

Eine weltbekannte Firma, die ihre Erzeugnisse nach fast allen Teilen der Erde zum Versand brachte, war somit erloschen. Der Gründer derselben verstarb schon im Jahre 1902 in San Remo (Italien) und hat dieses Ende nicht mehr erlebt.

                        Dr.A.Ottmann                                    12.1.1955

                        (22b) Hochspeyer / Rheinpfalz

                        Hauptstr. 4a

 

 

(von der Original-Schreibmaschinen-Durchschrift mit dem Computer abgeschrieben: Heiderose Ottmann-Krüger 2020-01-24)